EU-Gesetz für digitale DiensteBündnis fordert Digitalgesetz mit mehr Biss

Das geplante EU-Gesetz für digitale Dienste hegt die Macht der großen IT-Konzerne nicht ausreichend ein, warnt ein zivilgesellschaftliches Bündnis. In einer Erklärung fordert es ein Ende des „zerstörerischen Geschäftsmodells“, mit dem die großen Online-Dienste unsere Demokratien gefährden würden.

Das Geschäftsmodell von Facebook & Co. gefährdet unsere Demokratie, warnt ein zivilgesellschaftliches Bündnis. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / ZUMA Wire

Technologie müsse den Menschen und ihrem Wohl dienen, anstatt unsere Gesellschaften und Demokratien zu gefährden. Die EU müsse nun die Chance nutzen und ein starkes Digitale-Dienste-Gesetz schaffen, das „an vorderster Front die Bürger vor dem Schaden durch Big Tech schützt“. Das fordert die heute veröffentlichte „People’s Declaration“ eines breiten zivilgesellschaftlichen Bündnisses, darunter Amnesty International, Reporter ohne Grenzen und Hate Aid.

Die Erklärung richtet sich an das EU-Parlament, das derzeit seine Position zum Digitale-Dienste-Gesetz (Digital Services Act, DSA) klärt. Einen Entwurf des Gesetzespakets hatte die EU-Kommission im Vorjahr vorgestellt. Brüssel will damit die Spielregeln im digitalen Raum neu gestalten und die Macht der großen Anbieter besser einzäunen.

Toxisches System aus Empfehlungen

Doch so weitreichend das Paket auch ist, lässt es einige große Brocken unangetastet. So fordert die heutige Erklärung, tief ins Geschäftsmodell von Facebook, Youtube und Co. einzugreifen. Ihr toxisches System aus Empfehlungen und Algorithmen verstärke Desinformation und Hass im Netz.

Mit Hilfe „unermüdlicher Überwachung“ werde jede gesellschaftliche Bruchlinie als Waffe eingesetzt, um „Interaktionen“ zu maximieren, schreibt das Bündnis. Eine wirksame gesetzliche Regelung müsse die Anbieter dazu zwingen, ihr Design umzubauen, ihre Algorithmen zu entgiften und ihren Nutzer:innen die Kontrolle zurückzugeben.

Überwachung als Geschäftsmodell

Befeuert werden diese Geschäftsmodelle durch die profitgetriebene Überwachung, eine nennenswerte Wahl hätten Nutzer:innen dabei nicht. Der DSA und das zeitgleich verhandelte Digitale-Märkte-Gesetz (DMA) müssten dieser Form von Überwachung und Werbung ein Ende bereiten, heißt es in der Erklärung: „Überwachung und Profitmache zu akzeptieren kann nicht die Bedingung für die Nutzung digitaler Dienste sein.“

Zudem sollte der DSA mehr Macht für die Aufsichtsbehörden schaffen, damit diese die Big-Tech-Unternehmen zur Verantwortung ziehen könnten. Im Vorschlag der Kommission findet sich keine EU-weite und mit einschlägigen Kompetenzen ausgestattete Regulierungsbehörde. Stattdessen sollen vor allem nationale Koordinator:innen für digitale Dienste die Aufsicht über die Dienste übernehmen.

Dies erinnert an die Regelung bei der Datenschutz-Grundverordnung, was anhaltende Probleme bei der Durchsetzung bereitet. Europa dürfe hier nicht erneut versagen, fordert das Bündnis. Unter anderem brauche es umfassende Befugnisse zur Überprüfung, die nicht von den Unternehmen umgangen werden können.

Die Verhandlungen rund um das Gesetzespaket werden im EU-Parlament bald in die heiße Phase gehen. Im Juni hat der federführende Parlamentsausschuss seinen Berichtsentwurf vorgestellt, vor wenigen Tagen lief die Frist für Änderungsanträge ab. Mehr als 2.000 davon sind allein für den DSA eingegangen. Im Herbst sollen die EU-Abgeordneten schließlich über den finalen Bericht und damit die inhaltliche Position abstimmen, mit der sie in die Verhandlungen mit der Kommission und dem Rat ziehen werden.

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